MW 127 | 21.11.2008-04.01.2009, Interfood-Vitrine, Aachen | Mit freundlicher Unterstützung der Stadt Aachen
Die Bleistift-Zeichnung als räumliches Erlebnis. Auf einer Papier-Diagonalen von vier Metern wurde gewühlt und gewurschtelt. Nicht selten ist das Papier durch die intensive Bearbeitung beschädigt. Bildzitate von Brueghel bis Diddlmaus bildeten vielleicht den Anfang einer Assoziationskette. Davon ist zwar alles da, aber nichts mehr zu erkennen. Denn bei Robert Kraiss' Zeichnungen gilt weniger die Geschichte des Motivs, sondern das ewige Hinterfragen der Form. Sie täuschen vor, narrativ zu sein. In Wirklichkeit könnten es nur technische Übungen gewesen sein wie komplettes Schwärzen und anschließend gründliches Radieren größerer Flächen. Die vorgefundenen Foto-Motive aus dem Zusammenhang gerissen dürfen ihre Seele (oder irgendeinen Teil ihrer Essenz) dem Bild nur leihen. Die Motive durchlaufen mehrere Stadien voller Überlagerungen und Anhäufungen. Die Schraffur als Charakter eines Gedankens. Kann sich doch mal ein Motiv durchsetzen, wird es zelebriert und angebetet.
Der Prozess der Bilderzeugung wird intensiviert und objektiviert, indem Zeichnungen oder Teile davon kopiert und in andere Formate übertragen werden. So wird es möglich, einen mathematisch sezierenden Blick darauf zu werfen und sich zu regenerieren. Denn wenn man glaubte, der Zeichner dieser Zeichnungen habe eine rauschhafte Extase durchlebt, folgt die Ernüchterung: Es gibt den gleichen unglaublichen Wust ein zweites Mal und in vielen Fällen ganze Reihen mit gleichen Bildinhalten. Der Betrachter sieht das Ergebnis eines langen grüblerischen Prozesses, man spürt die Suche. Die Bilder haben eine starke Atmosphäre, eine Aura von Vibrationen, Rhythmus und Musikalität.
| Katalogtext, "Kunst und Babys", Köln 2008
... Statischer erscheinen da zunächst die Arbeiten von Robert Kraiss, dessen riesige Graphitzeichnungen wie undurchsichtige Fenster an den Wänden der Halle installiert sind. Doch der Eindruck täuscht, und je nach Lichteinfall verändern auch diese matt spiegelnden Oberflächen ihr Wesen. Ist nun das Graphit der Grund auf dem vereinzelte milchig weiße Linien verlaufen, oder deckt es umgekehrt das Helle wie ein Ölfilm ab? Das Spiel mit Oberfläche und Farbigkeit geht da weiter, wo Robert Kraiss seine Bilder weiter aufbricht, figürlicher arbeitet und durch voneinander abgetrennte Geflechtstrukturen auch in den Freiräumen auf dem Papier Negativformen erscheinen lässt.
| Viviane Huppertz (simultanhalle, Köln 2008)
Robert Kraiss
robertkraiss.de
*1972 Bonn
lebt und arbeitet in Köln
2000-2006 Kunstakademie Düsseldorf bei Georg Herold (Meisterschüler) und Oswald Wiener
Preise/Stipendien
2005 Freunde der Kunstakademie Düsseldorf
2004 Förderstipendium des Düsseldorfer Kunstvereins
Ausstellungen (Auswahl)
2008 Simultanhalle, Köln | Villa Merkel, Esslingen, Konzert "Ylmaz House Band" (mit Florian Gass und Michael Bauer)
2007 "Ich, Zeichengeilo", geladen von Michael Bauer, Galerie Peter Kilchmann, Zürich (E) mit Konzert der "Ylmaz House Band" | "Der magische Sockel", Galerie Isabella Bortolozzi, Berlin | "America is waiting for us, but", Kunstraum Blast, Köln (E) | Galerie Oberem, Bonn | West LB, Düsseldorf (E)
2006 Kunsthaus Essen | "schwarzweiss-1", Touring Exhibtion; Galerie Eva Bracke, Berlin; Bravo, Düsseldorf; Maxim, Köln | "The Truth tut gut", Montgomery, Berlin
2005 "Compilation II", Kunsthalle Düsseldorf
2004 "Bon direct". Bonner Kunstverein
2003 Konzert "Musik" mit "die Bäume" (mit Florian Gass und Marian Stoll), Neuer Aachener Kunstverein
| Stand September 2008
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