|
|
Holger Friese
Kunsthistoriker, FH Aachen
Stadtmetaphern
Die Metapher Stadt scheint den Einstieg in die Netzstadt zu erleichtern, denn zumindest auf der Begriffsebene steht man auf festem Boden. Die Assoziationskette steht: Stadt, Bewohner oder Besucher, Häuser, Plätze. Es ist scheinbar wie im wirklichen Leben, aber dann steht man vor Brettern in "Bremen" <http://www.is.bremen.de/> oder vor Molekülen in "Berlin" <http://www.is.berlin.de/>.
Das Problem liegt darin, daß die Metapher Stadt zwar allgemeinverständlich ist, aber auch feste Erwartungen und Assoziationen der Bewohner und Besucher weckt. Jedoch werden diese (willendlich?) inhaltlich und visuell nicht oder nur teilweise erfüllt. Was erwartet der Bewohner? Erwartet er überhaupt etwas? Und was erwartet der Besucher? Sehenwürdigkeiten? Stadtrundfahrten? Pommesbuden? Der Anspruch, die Netzstadt als Stadt zu beschreiben oder zu begreifen, muß scheitern. Inhaltlich können oder wollen sie nicht die Informationen bieten, die eine reale Stadt zu einer Stadt werden lassen. Berlin und Bremen sehen sich selbst als Versuch, die Vision der "Idealen Stadt im Internet" wahr werden zu lassen. Wobei der Ausgangspunkt nicht in der Bausubstanz, sondern in den Kommunikationmöglichkeiten der Stadt liegen soll; Sprich Zugang einer breiteren Öffentlichkeit ins Netz und damit die Kommunikation mittels und über das Medium anzukurbeln. Leider ist meines Wissens nicht dokumentiert, wie viele Bewohner in Berlin und Bremen diese Möglichkeit nutzen. Und visuell steigert die Balken und Kernanmutung der Stadte nicht gerade den Wiedererkennungswert im Stadtbezug.
Anders ist die Situation in Amsterdam. Die "Digitale Stadt Amsterdam" <http://dds.nl/> hat 20.000 Einwohner und durch die Einbindung der realen Stadt Amsterdam bietet sie einen reellen Mehrwert für die Bewohner. Man hat über die digitale Stadt z. B. Zugriff auf Dokumente der Stadtverwaltung (Das man über diese Einbindung der Staatsmacht auch kritisch denken kann versteht sich von selbst). Aber auch visuell verfolgt sie eine andere Umsetzung. Der Begriff der Stadt wird digital aufbereitet. Analogien wie Stadtviertel und Plätze werden erhalten und dem digitalen Kontext angepasst.
Digitale Städte stehen in ihrer Entwicklung erst am Anfang, diverse Konzepte der Stadt werden diskutiert und ausprobiert. Neben den beiden vorgestellten Modellen der durch Künstler und Wissenschaftler geschaffener Städte wie Berlin oder Bremen und der in ihrer Entstehung gleichen, aber in ihrer Tragweite und Öffnung mittlerweile "dienstleistungsorientierten" Stadt Amsterdam gibt es viele andere mögliche Konzepte. Einen anderen Ansatz verfolgt Alphaville (URL fällt mir nicht ein), in der man sich 3-D Räumen als virtuelles Wesen bewegen kann (eine fixe Leitung vorausgesetzt). In Frankfurt geht man noch einen Schritt weiter und will direkt einen autonomen Staat mit autonomen Wesen, den "Knowbots" <http://www.inm.de/kip/>, ins Netz portieren. Bis die "ideale Stadt" online ist, wird noch Zeit ins Netz gehen. Aber muß eine Stadt überhaupt ideal sein? Was ist überhaupt ideal?
|